Fontane-Skulptur im Schlosspark Plaue
Foto: Gunter Dörhöfer
Fontanes Plaue und der Plauer Fontaneweg
von Gunter Dörhöfer, Vorsitzender des Fördervereins Schlosspark Plaue e.V.
In Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ sucht man Plaue vergeblich. Zwar schwärmte Fontane vom Genuss „unter Plaues ewig blauem Himmel“, aber im „Havelland“-Band blieb der Ort unberücksichtigt. Dennoch hat sich der berühmte Dichter und Wanderer um Plaue, das seit 1952 eingemeindeter Ortsteil der Stadt Brandenburg an der Havel ist, literarisch verdient gemacht und dem Städtchen in seinem Band „Fünf Schlösser“ (1889) ein umfassendes Kapitel gewidmet. Darin behandelt er zwei zentrale Schauplätze, die noch heute besichtigt werden können: das am Havelufer gelegene Schloss sowie die Villa des Ziegel- und Torfbarons Carl Ferdinand Wiesike (1798–1880), der auf der anderen Seite des Flusses, „Schloss Plaue gegenüber“, sein Glück gemacht hatte und dort seinen Altersspleen, „der Homöopathie Hahnemanns und der Philosophie Schopenhauers“, nachhing.

Schloss Plaue, Lithografie um 1860.
Quelle: Sammlung Alexander Duncker

Schloss Plaue, 2023.
Foto: Wolfgang Lorenz
Fontane in Plaue
Seine Schopenhauer-Verehrung war auch der Anlass des ersten Fontane-Besuchs bei Wiesike über Pfingsten 1874. In der „Villa Wiesike“, dem umgebauten Ziegelmeisterhaus, erhielt der Gast aus Berlin Kost und Logis. Fontane, der in den 1870er-Jahren begonnen hatte, sich mit Schopenhauer zu beschäftigen, traf in Plaue einen echten Fan des Philosophen an, der in seiner Villa Manuskripte, Bücher – und Gemälde mit Schopenhauer-Porträts sammelte. Zwischen 1874 und 1880 stattete Fontane Wiesike mindestens einmal im Jahr einen Besuch ab und verfasste nach dessen Tod 1880 einen Nachruf für die „Vossischen Zeitung“.
Bereits zu Lebzeiten hatte sich Wiesike ein aufwändig gestaltetes Grabmal errichten lassen, das Fontane „weniger durch seine Schönheit“, sondern vielmehr „durch eine gewisse Originalität“ fesselte. Von seinen Recherchen in Plaue sind Notizen von 1875 überliefert. Darunter sind beispielsweise Skizzen und Aufzeichnungen zur Plauer Pfarrkirche, die in „Fünf Schlösser“ keine Verwendung fanden. Am Ende des Notizbuchs zieht Fontane sein Fazit über Plaue: „Schluss [.] Der Hauptreiz bleiben doch immer die Erinnerungen an die Quitzowzeit und die Zerstörung des Schlosses. Zunächst scheint nichts da; forscht man aber, so findet man eine Menge Dinge, die das Bild wieder beleben.“

Schloss Plaue, Fontanes Skizze (Notizbuch A16), 1875.
Quelle: Digitale Notizbuchedition
Fontane im Ortsbild
Als 2009 der Förderverein Schlosspark Plaue gegründet wurde, reifte bald der Entschluss, sich des Themas „Fontanes Plaue“ anzunehmen. 2010 wurde ein Büchlein publiziert, das nicht nur das „Plaue“-Kapitel aus dem Band „Fünf Schlösser“ mit Illustrationen enthält, sondern alle weiteren Informationen über Fontane und Plaue zusammengetragen hat.
Fontane sollte aber auch im Ortsbild gewürdigt werden und so beschloss der Schlosspark-Verein, dem Dichter ein Denkmal zu setzen. Für die Realisierung wurde der Bildhauer Dirk Harms aus Plaue gewonnen. Zu diskutieren war die Frage, wie Fontane abzubilden sei. Als Vorbild diente letztlich die Zeichnung, die Wilhelm Scholz für das 100jährige Jubiläum für den „Simplicissimus“ gefertigt hatte. Bei einem „Fest im Park“ 2011 war es so weit. Aus einem großen Tonklumpen entstand in wenigen Tagen vor den Augen des Publikums auf einem verlorenen Sockel das plastische Abbild des Dichters als Wanderer. Diese Form wurde für den Bronzeguss verwendet, so dass bereits im Folgejahr das Fontane-Denkmal am neu geschaffenen „Fontaneort“ im Schlosspark eingeweiht werden konnte.

Fontanes Rückkehr nach Plaue: Skulptur von und mit Dirk Harms, 2011.
Foto: Gunter Dörhöfer
Neugestaltung des Fontaneweges
Eine weitere Herausforderung war die Gestaltung des „Plauer Fontanewegs“, mit dem alle wichtigen Stationen Fontanes in Plaue gewürdigt werden sollten. 2015 konnte der Fontaneweg mit insgesamt 11 Stationen der Öffentlichkeit übergeben werden. Die Stationen sind beschildert, und auf einer Website wurden detaillierte Informationen mit historischen Abbildungen aufbereitet.

Großer Auflauf in Plaue: Eröffnung des Fontaneweges durch Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann und Gunter Dörhöfer am 9. Mai 2015.
Foto: Robert Rauh
Die Auswahl widmet sich sowohl Stationen, die Fontane selbst erwähnt oder behandelt hat, als auch solchen, die ihm bei seinen Aufenthalten in Plaue nicht entgangen sein dürften. So erfahren die Gäste nicht nur Fontanes Äußerungen über Plaue, sondern auch über das damalige gesellschaftliche und lokale Umfeld.
Vom „Schloss“ geht es direkt zum „Fontaneort“ im Park mit dem Fontane-Denkmal und über die weiteren Stationen „Tontaubenschießstand“ und „Engeltor“ zur „Pfarrkirche“. Im Ort kann man dann noch die Stationen „Zum Deutschen Haus“, „Rathaus“ und „Alte Apotheke“ besichtigen.
Auf der Ostseite der Havel finden sich die Stationen „Wiesike-Villa“ und „Wiesike-Grabmal“; die „Alte Havelbrücke“ stellt die Verbindung zum westlichen Teil des Fontanewegs her. Besonders im Mai lohnt der verwunschene Weg zur Grabstätte, wenn sie in einem Rasen blühender Maiglöckchen liegt.

Wartet auf Sanierung: Villa Wiesike „Schloss Plaue gegenüber“, 2024.
Foto: Gunter Dörhöfer
Der Bezug Fontanes zu den Stationen im Ort ergibt sich aus seinen vermuteten Kontakten: die alte Ausspann- und Ausschankwirtschaft, in der ein kühles Bier lockte, das Rathaus, an dem die Depeschen des Französischen-Deutschen Kriegs angeschlagen wurden, und die alte Apotheke, in der der Apotheker Zarnack stets auf Kunden lauerte. Fontane könnte mit ihm gefachsimpelt haben, wenn er über die Brücke in den Ort kam und vielleicht ein Mittel kaufte. Vielleicht etwas gegen Völlegefühle nach den ausgiebigen Mahlzeiten oder ein anderes gegen Kopfschmerz nach dem Weingenuss bei Wiesike.
Zum 200. Geburtstag Fontanes 2019 ist der Plauer Fontaneweg noch einmal ergänzt worden um Stahlskulpturen, die der Förderverein in einem Wettbewerb lokaler Künstler auf den Weg bringen konnte. Die beiden Skulpturen von Fontane und Wiesike – „MITFontane zu Tisch“ von Jessica Dörhöfer am Bornufer „Wiesike gegenüber“ sowie „In Weidicht und Rohr“ von Jeannette Goldmann im Park – gehören inzwischen zu beliebten Fotomotiven der Plaue-Besucher.
Das Engagement des Schlosspark-Vereins fand auch Anerkennung im fernen Potsdam: Bereits 2013 erhielt er den Brandenburgischen Denkmalpflegepreis.

Wiesike und Fontane am Havelufer vor dem Schloss: „MITFontane zu Tisch“ von Jessica Dörhöfer.
Foto: Wolfgang Lorenz

Wiesike und Fontane im Schlosspark: „In Weidicht und Rohr“ von Jeannette Goldmann.
Foto: Gunter Dörhöfer
Literatur
- Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Band 5. Fünf Schlösser, hrsg. von Gotthard Erler und Rudolf Mingau, Aufbau-Verlag, Berlin 1994.
- Nachruf auf Carl Ferdinand Wiesike von Theodor Fontane; in: Vossische Zeitung, 15. Oktober 1880.
- Fontanes Plaue. Mit Originaltexten von Theodor Fontane zu Plaue a. d. Havel, begleitenden Illustr. u. erl. Beitr., hrsg. von Gunter Dörhöfer und Annette Geiseler, Förderverein Schlosspark Plaue e.V. im Selbstverlag, Köln 2010.
- Udo Geiseler: Schloss Plaue; in: Schlösser und Gärten der Mark. Heft 131, hrsg. von Sibylle Badstübner-Gröger, Berlin 2013.
- Erik Lorenz/Robert Rauh: Plaue. Das morbide Schloss; in: dies.: Fontanes Fünf Schlösser. Alte und neue Geschichten aus der Mark Brandenburg, be.bra Verlag, Berlin 2017, S. 132–179.
Weblinks
- Plauer Fontaneweg im Internet
- Pressemitteilung der Stadt Brandenburg an der Havel über die Eröffnung des Plauer Fontaneweges vom 9.5.2025
- André Wirsing: Schlosspark. Kunstpfad auf Fontanes Spuren eröffnet; in: Märkische Allgemeine Zeitung, 28.3.2019
- Gabriele Radecke/Robert Rauh: Schloss Plaue faszinierte schon Fontane; in: Der Tagesspiegel, 23.4.2023
- Fontanes Notizbuchaufzeichnungen zu Plaue 1875, vgl. Notizbuch A16, in: Fontane: Notizbücher. Digitale Edition. Hrsg. von Gabriele Radecke. Göttingen 2015ff.