Grete Minde – eine Brandstifterin?

Grete Denkmal in Tangermünde, Bronzeplastik von Lutz Gaede (2009). Foto: Robert Rauh

War Grete Minde schuldig? Oder war sie ein Justizopfer? Für Tangermünde ist es die Frage aller Fragen. Denn bis heute ist nicht abschließend geklärt, wer 1617 die Stadt an der Elbe in Schutt und Asche legte. Der Stadtrat, der die Katastrophe damals untersucht hatte, ging von Brandstiftung aus und präsentierte nach über einem Jahr endlich eine Verdächtige: Margarete von Minden.

Weil die Stadt der vermeintlich unehelichen Tochter aus gutem Hause das Erbe vorenthielt, hatte sie aus Sicht der Stadtväter auch ein Motiv. Nachdem Grete unter Folter die Brandstiftung zugegeben hatte, wurde sie im März 1619 auf bestialische Weise hingerichtet. Zweifel an dem Urteil kamen erst 200 Jahre nach dem Prozess auf.

Wiederum 200 Jahre dauerte es, bis der Fall neu aufgerollt wurde. Die erhaltene Prozessakte wurde von der Wissenschaftlerin Friederike Wein erstmals vollständig ediert und 2021 publiziert. Eine Klärung der Schuldfrage schien nun endlich möglich. Weins Antwort ist jedoch unbefriedigend, aber ehrlich: „In den Akten steht nicht, was wirklich geschehen ist.“ Zu viele Widersprüchlichkeiten, zu viele Lücken. Ein Urteil überlasse sie daher dem Leser. [Zitate aus dem Buch „Fontanes Frauen“ von Robert Rauh].

Fontane, der die Akte nie eingesehen hatte, beantwortete die Schuldfrage in seiner literarische Verarbeitung des brisanten Stoffes eindeutig: „‘Grete Minde’, meine neue Heldin“, schrieb er nach der Manuskriptabgabe 1878 an Clara Stockhausen, ruhe, nun selber Asche, „unter der Asche der von ihr aus Hass und Liebe zerstörten Stadt“.

Weblinks

Interview mit Friederike Wein, 2019

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